Massenentlassung von Beschäftigten nach Streik in der Fabrik PT Panarub Dwikarya Benoa in Indonesien
Herzogenaurach, 14. August 2012 – Am Donnerstag, den 12. Juli 2012, traten rund 1.600 Beschäftigte von PT Panarub Dwikarya Benoa (PDB), einem Subunternehmer eines Schuh-Zulieferbetriebs der adidas Gruppe, in den Streik. Der Streik wurde von SBTGS, einer der zwei Gewerkschaften dieser Fabrik, angeführt. Die Forderungen von SBTGS umfassten unter anderem die Nachzahlung von Löhnen, die den Arbeitern nach den beschlossenen branchenweiten Lohnerhöhungen Anfang des Jahres zustanden. Der Streik fand ohne vorherige Ankündigung beim Fabrikmanagement bzw. ohne vorherige Verhandlungen statt. Nachdem der Streik über eine Woche anhielt, war noch immer keine Einigung zwischen der Gewerkschaft und dem Fabrikmanagement erzielt worden. Das Fabrikmanagement erklärte sich zu Verhandlungen mit der Gewerkschaft bereit, unter der Voraussetzung, dass die Arbeiter an ihren Arbeitsplatz zurückkehren. Die Gewerkschaft lehnte das Angebot jedoch ab und der Streik dauerte an. Im weiteren Verlauf des Streiks verriegelten Gewerkschaftsmitglieder den Eingang der Fabrik und schlossen das Fabriktor ab, so dass nicht streikende Mitarbeiter das Gelände nicht betreten konnten und Mitarbeiter, die sich im Fabrikgebäude befanden, das Gelände nicht mehr verlassen konnten.
Darüber hinaus hielt die Gewerkschaft am 19. Juli 2012 eine friedliche Demonstration vor den adidas Büros in der Innenstadt Jakartas ab, um auf die verfahrene Situation und die mangelnde Bereitschaft des Fabrikmanagements, ihren Forderungen nachzukommen, aufmerksam zu machen. Mitarbeiter des Social-Compliance-Teams der adidas Gruppe organisierten ein Treffen mit Gewerkschaftsfunktionären und bestärkten sowohl die Gewerkschaft als auch das Fabrikmanagement, aufeinander zuzugehen und ihren Disput freundschaftlich beizulegen oder die Sache mittels eines formellen Schlichtungsverfahrens zu klären. Die Gewerkschaftsvertreter erklärten sich daraufhin bereit, mit dem Fabrikmanagement an den Verhandlungstisch zurückzukehren und versicherten, dass die Beschäftigten am darauf folgenden Tag ihre Arbeit wieder aufnehmen würden. Bedauerlicherweise wurde keines der beiden Versprechen erfüllt.
Laut dem indonesischen Gesetz1 kann ein länger als siebentägiges Fernbleiben vom Arbeitsplatz ohne triftigen Grund als freiwillige Kündigung seitens des Beschäftigten betrachtet werden. Am 23. Juli 2012, acht Tage nach Beginn des Streiks, kehrten die Arbeiter an ihren Arbeitsplatz zurück – und erfuhren von ihrer sofortigen Suspendierung. Ihnen wurde mitgeteilt, dass viele von ihnen aufgrund der Illegalität des Streiks und angesichts der Länge ihre Abwesenheit keinen Anspruch mehr auf ihren Arbeitsplatz in der Fabrik hätten. Zudem wies das Fabrikmanagement darauf hin, dass jeder einzelne Fall von der Personalabteilung der Fabrik geprüft werden würde und die Beschäftigten bis zur finalen Entscheidung nicht zur Arbeit kommen sollten. Die adidas Gruppe forderte das Managementteam von PDB auf, ihre Position noch einmal zu überdenken und erneut mit der Gewerkschaft zu verhandeln, wobei alle vorgeworfenen Rechtsverstöße beiseite gelassen werden sollten. Das Management lehnte dies jedoch ab und fuhr mit seinen Entlassungsplänen fort. Unserer Einschätzung nach sind bis zu 900 Beschäftigte betroffen.
Die adidas Gruppe kommunizierte ihre Position zur Streitfrage klar an PT Panarub, die Muttergesellschaft, bei der wir unsere Aufträge platzieren. Branchenweite Mindestlöhne müssen gezahlt und ausstehenden Lohnnachzahlungen muss nachgekommen werden. Auch wenn die Fabrik seitens der Regierung von der Zahlung der neuen Mindestlöhne befreit wurde, gibt die adidas Gruppe ihren Lieferanten klare eigene Richtlinien und Standards vor: Wir akzeptieren keine Befreiungen, die von der Regierung in Bezug auf aufgeschobene Mindestlohnzahlungen, die Beschäftigten grundsätzlich zustehen, erlassen werden. Aus diesem Grund hat die adidas Gruppe im Januar 2012 keine Aufträge mehr an PDB vergeben; erst nachdem die Fabrik im März 2012 begann, den Arbeitern die neuen branchenweiten Mindestlöhne zu zahlen, hat die adidas Gruppe wieder Aufträge bei PDB platziert.
Aufgrund der Befreiung seitens der Regierung ist die Fabrik nicht verpflichtet, den Forderungen der Arbeiter nachzukommen. Im Rahmen der Einhaltung der Arbeitsplatzstandards und Richtlinien der adidas Gruppe ist PDB allerdings verpflichtet, diese ab dem Tag, an dem die neuen Mindestlöhne erstmals in Kraft traten (Januar 2012) zu zahlen. Was die Entlassung der Beschäftigten aufgrund eines illegalen Streiks angeht, ist die adidas Gruppe der Meinung, dass eine solche Entscheidung nur von einem ordnungsgemäß konstituierten Gericht gefällt werden kann. In Indonesien ist das Handelsgericht für Arbeitsstreitigkeiten zuständig. Die Fabrik alleine kann in einem derartigen Fall keine Entscheidung treffen.
Wir haben das indonesische Arbeitsministerium über diesen Fall informiert und Maßnahmen gefordert, um die Rechte der Arbeiter zu schützen. Zudem haben wir einen auf Arbeitsrecht spezialisierten Anwalt vor Ort beauftragt, den Fall unabhängig zu prüfen und uns seine Perspektive der Rechtslage zu schildern. Schließlich haben wir unsere Bedenken auch der Internationalen Arbeitsorganisation (Jakarta Niederlassung) mitgeteilt.
Derzeit erteilt die adidas Gruppe keine Aufträge beim betroffenen Subunternehmer, der bislang immer Aufträge übernommen hatte, wenn die Kapazitäten unseres Geschäftspartners PT Panarub vollständig ausgelastet waren. Wir haben Mizuno, PDBs wichtigsten internationalen Abnehmer, kontaktiert, um uns dessen Unterstützung und Engagement zu sichern. Auf unseren Nachdruck hin hat die Fabrik den Beschäftigten die ausstehenden Löhne und Urlaubsgelder (Idul Fitri Feiertag) bezahlt.
Wir werden sicherstellen, dass keine Aufträge der adidas Gruppe bei diesem Subunternehmer platziert werden bis die Streitfragen rund um den Streik geklärt sind.
Nach unseren Informationen hat das Arbeitsministerium ein Schlichtungsverfahren zwischen den Parteien gefordert, was unserer Meinung nach einen ersten positiven Schritt darstellt. Sowohl die Fabrik als auch die Gewerkschaft haben ihre Bereitschaft zu einem solchen Verfahren erklärt; SBTGS hat jedoch darauf hingewiesen, eine Schlichtung durch eine neutrale Drittpartei einer Schlichtung seitens einer Regierungsbehörde vorzuziehen. Wir warten derzeit auf Informationen zu den Ergebnissen der Vermittlungsgespräche und werden diesen Fall weiterhin genau verfolgen und aktuelle Informationen liefern.
Wir werden sicherstellen, dass keine Aufträge der adidas Gruppe bei diesem Subunternehmer platziert werden bis die Streitfragen rund um den Streik geklärt sind.
1 Ministerialerlass KEP. 232/MEN/2003 zu rechtlichen Konsequenzen illegaler Streiks