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Stellungnahme zu Arbeitsbedingungen in dem Zulieferbetrieb Hugger in Honduras

19. April 2005

Herzogenaurach, 19. April 2005 - Zu den geäußerten Vorwürfen der Kampagne für Saubere Kleidung über ungenügende Arbeitsbedingungen in dem adidas Zulieferbetrieb Hugger in Honduras möchten wir im Folgenden Stellung nehmen.

Die Entwicklung von Unternehmensleitlinien bezüglich akzeptabler sozialer Standards, der Arbeitssicherheit sowie des Gesundheits- und Umweltschutzes und deren Überwachung in den Produktionsstätten von adidas-Salomon und seiner Geschäftspartner ist fester Bestandteil unserer globalen Unternehmenspolitik. adidas-Salomon verfügt über einen Verhaltenskodex ("Standards of Engagement" oder SOE), der die Messlatte für die Arbeitsbedingungen in den Zulieferbetrieben darstellt. Ein eigens dafür aufgebautes Expertenteam aus 35 Mitarbeitern (Sozial- und Umweltteam, SEA-Team) überwacht weltweit die Einhaltung dieser Standards in den Fabriken unserer Vertragspartner.
 
Um die Einhaltung von Standards nachhaltig sicherzustellen, umfasst unser Kontrollprogramm neben der Inspektion von Betrieben auch ein strategisches Überwachungsverfahren, das eine genaue Feststellung und Bewertung der Risiken sowie der Ursachen für die Nichteinhaltung ermöglicht. Zu den grundlegenden Verbesserungsmaßnahmen gehört die Schulung der Zulieferbetriebe durch das SEA Team und durch unabhängige Experten. Die Wichtigkeit der Fabrikbesuche wird anhand verschiedener Faktoren festgelegt. Dazu gehören die Risikoeinschätzung des jeweiligen Landes, der Zeitpunkt der letzten Fabrikkontrolle, die Fortschritte hinsichtlich der Beseitigung von Mängeln sowie die Bewertung des Zulieferbetriebs.
 
Im Rahmen unseres globalen Programms unterstützen wir die Rolle unabhängiger Organisationen bei der Überwachung von Produktionsstätten und sind offen für deren konstruktive Mitarbeit bei der Bewältigung von auftretenden Problemen. 2004 sind 12 adidas Zulieferbetriebe von FLA akkreditieren unabhängigen Prüfern kontrolliert worden. Wir laden Sie dazu ein, die Internetseite der Fair Labor Association zu besuchen, wo die Maßnahmenpläne als Ergebnis der unabhängigen Fabrikkontrollen veröffentlicht sind.
 
Weitere Informationen zu unserem adidas-Salomon Sozial- und Umweltprogramm finden Sie auf unserer Internetseite. Dort haben Sie außerdem Zugriff auf unsere fünf Sozial- und Umweltberichte, einschließlich des 2004 Berichts "Herausforderungen annehmen - weltweit".

Zulieferstatus des Betriebs Hugger

Der Betrieb Hugger näht als Unterauftragnehmer des US-amerikanischen Hauptzulieferers Liberty adidas Sportbekleidung für den nord-amerikanischen Markt. Das Auftragsvolumen für diese Produkte beläuft sich bei Hugger auf derzeit etwa 20% der Gesamtproduktionskapazität des Betriebs.
 
Seit der ersten Fabrikkontrolle bei Hugger durch das SEA Team im August 1998, sind dutzende Mitarbeiter interviewt und Hunderte von Personalunterlagen geprüft worden. Der letzte der regelmäßig stattfindenden Fabrikbesuche durch SOE-Experten fand im März 2005 statt, ein weiterer ist für Mai 2005 geplant. Hinsichtlich der Verbesserungmaßnahmen hat das Management von Hugger immer positive Fortschritte gemacht. Beispielsweise hat der Betrieb erst kürzlich die Zeiterfassung bei den Beschäftigten und die Gehaltsabrechnung auf elektronischem Wege miteinander verknüpft.
 
Im August 2003 fand im Rahmen unserer Teilnahme am Programm der Fair Labor Association eine unabhängige Prüfung des Zulieferbetriebs Hugger statt. Die Ergebnisse der Kontrolle sind mit dem Fabrikmanagement eingehend diskutiert worden. Hinsichtlich der vereinbarten Verbesserungsmaßnahmen sind die Fortschritte zufrieden stellend. Keine der von der Kampagne für Saubere Kleidung vorgebrachten Anschuldigungen konnten während dieses Kontrollbesuchs bestätigt werden.
 
Die Umsetzung der mit dem Fabrikmanagement vereinbarten Maßnahmen wird kontinuierlich verfolgt. Dabei hat sich das Fabrikmanagement als kooperativ erwiesen. Wir nehmen die Vorwürfe in Bezug auf Löhne, Diskriminierung, Koalitionsfreiheit und die Kenntnis des Verhaltenskodex ernst und werden sie weiter untersuchen. Antworten zu den spezifischen Anschuldigen sind im Folgenden aufgeführt.

Vorwurf: Die 1.500 Beschäftigten erhalten einen monatlichen Lohn von etwa 110 Euro. Zuschläge gibt es nur für ArbeiterInnen, die das extrem hohe Tagessoll erreichen.

Die Lohnzahlungen bei Hugger entsprechen bzw. übersteigen den staatlich festgelegten Mindestlohn. Darüber hinaus werden Boni und Zuschläge gewährt, die sich an Produktionszielen sowie definierten Qualitätsstandards orientieren. Der durchschnittliche Lohn in der Produktion liegt bei etwa 260 Euro monatlich. 70% der Beschäftigten erhalten Zuschläge durch das Erreichen bzw. Überschreiten des Tagessolls.

Vorwurf: Der Lohn von 110 Euro ist nicht ausreichend, um die Grundbedürfnisse einer Familie zu befriedigen.

In den vergangenen zwei Jahren hat adidas-Salomon das Thema der "angemessenen Löhne" zusammen mit internationalen Wissenschaftlern und Nicht-Regierungsorganisationen untersucht. Es sind dabei auch Ansätze diskutiert worden, auf welche Weise etwaige Differenzen zwischen dem staatlichen Mindestlohn und einem angemessenen Lohn ausgeglichen werden könnten. Effizienzsteigerungsprogramme in der Produktion sowie Arbeitnehmerkooperativen haben sich diesbezüglich als viel versprechend gezeigt. Im Zulieferbetrieb Hugger ist der durchschnittliche Lohn mehr als doppelt so hoch wie der Mindestlohn. Außerdem unterstützt der Betrieb die Entwicklung einer Arbeitnehmerkooperative.

Vorwurf: Die ArbeiterInnen werden vor ihrer Einstellung diskriminierenden Untersuchungen unterzogen, so auf Schwangerschaft und auf Tätowierungen (jeweils Gründe für die Nicht-Einstellungen).

Diese Anschuldigung konnte durch unsere Untersuchungen nicht bestätigt werden. Dennoch sind uns diskriminierende Praktiken der Freihandelszonen (FHZ) bekannt, in denen viele Betriebe in Honduras, einschließlich Hugger, operieren. In den meisten Fällen werben die Fabriken neue Arbeitnehmer direkt an. Wir haben herausgefunden, dass manche Administrationen der FHZ (unabhängige Körperschaften, denen die Gebäude innerhalb der FHZ gehören, und die sie dann an Fertigungsbetriebe vermieten) die Bewerber bereits in den Büros der FHZ einer Vorprüfung und -auswahl unterziehen. Dies geschieht bevor die Bewerber in der Fabrik, die neue Beschäftigte sucht, eintreffen. Die Kontrolle kann mitunter eine Untersuchung der Personen nach Tattoos einschließen, was wiederum ein Hinweis auf die Verbindung zu einer als gewalttätig einzustufenden "Gang"-Gruppe ("mara") sein kann. adidas-Salomon beteiligt sich an einer Initiative der FLA, die lokale Behörden, Nicht-Regierungsorganisationen und die Maquila Association AHM einschließt, um Wege zu entwickeln, die diese Praktiken der FHZ in Zukunft verhindern sollen.
 
Verschiedene Fabriken haben die Administrationen der Freihandelszonen angeschrieben und diese aufgefordert, diese Art der Personenkontrolle einzustellen. Jeder Betrieb solle in der Lage sein, seine Angestellten ohne Vorauswahl durch die FHZ anzuwerben. Wir werden uns weiterhin um die Beseitigung dieser diskriminierenden Praktiken bemühen und uns im Dialog mit lokalen Behörden, die die Aktivitäten der FHZ überwachen, auseinandersetzen.

Vorwurf: In dem Zulieferbetrieb gibt es keine Organisationsfreiheit. Befragte NäherInnen gaben an, aus Angst vor Entlassung keiner Gewerkschaft beizutreten.

Hugger ist kein gewerkschaftlich organisierter Betrieb. Wir haben jedoch auch keine Anzeichen dafür gefunden, dass das Management die Beschäftigten daran hindert, sich zu organisieren. Sollten wir konkrete Hinweise erhalten, dass den Arbeitnehmern das Recht auf Vereinigung verweigert wird, würden wir umgehend alle notwendigen Schritte unternehmen, um diesen Verstoß zu beseitigen.
 
Uns ist jedoch die Tatsache bewusst, dass die Themen Vereinigungsfreiheit und gewerkschaftliche Organisation in Honduras sich noch in der Entwicklung befinden. Deshalb werden wir auch weiterhin unsere Schulungen zu Themen wie Koalitionsfreiheit und wirksamer Arbeiter-Management Kommunikation in dem Betrieb Hugger fortsetzen.

Vorwurf: Der adidas Verhaltenskodex, nach dem diese Missstände nicht existieren dürfen, ist den ArbeiterInnen nicht bekannt.

Seit 1999 wird der adidas-Salomon Verhaltenskodex, die "Standards of Engagement", in spanischer Sprache in Bereichen des Betriebs ausgehängt, wo sich die Beschäftigten im Allgemeinen aufhalten. Dies ist durch eine von der FLA durchgeführte Fabrikkontrolle im Jahr 2003 verifiziert worden. Zudem wurden den Arbeitnehmern während der vergangenen fünf Jahre in Mitarbeiterbefragungen und durch Schulungen des SEA Teams die Inhalte des Verhaltenskodex erklärt und näher gebracht.
 
Basierend auf diesen Anschuldigungen hat die Kampagne für Saubere Kleidung folgende Forderungen an adidas-Salomon gestellt:

Gewährleistung dafür, dass ein existenzsichernder Lohn gezahlt wird, mit dem die ArbeiterInnen auch ihre Familien versorgen können.

Bezüglich der Entlohnung erwartet adidas-Salomon von seinen Lieferanten, dass die an die Beschäftigten gezahlten Grundlöhne mindestens den Lebensunterhalt und darüber hinaus einige zusätzliche Ausgaben abdecken müssen. Geschäftspartner haben ihren Mitarbeitern den gesetzlich vorgeschriebenen Mindestlohn bzw. den in der Branche üblichen Lohn, falls dieser höher liegt, zu bezahlen. Sie haben den gesetzlich vorgeschriebenen Sozialleistungen Rechnung zu tragen. Die Löhne müssen entweder bar, per Scheck oder in sonst üblicher Form direkt an die Mitarbeiter ausbezahlt werden; Informationen bezüglich des Lohns müssen den Mitarbeitern in einer für sie klaren und verständlichen Form gegeben werden. Vorschüsse sowie Lohnabzüge sind sorgfältig zu überprüfen und müssen den gesetzlichen Vorschriften entsprechen. Die Beschäftigten müssen für Überstunden zusätzlich zum normalen Lohn gesetzlich vorgeschriebene Zuschläge erhalten. Wo keine gesetzliche Regelung existiert, sind angemessene Zuschläge zu zahlen.
 
Das SEA Team hat die Vergütungspraktiken bei Hugger kontrolliert, um zu gewährleisten, dass der Betrieb in Überstimmung mit diesem Standard unseres Verhaltenskodex agiert.
 
Um zu definieren, was wir unter einem "angemessenen Lohn" verstehen, haben wir in verschiedenen Ländern Studien durchgeführt, um uns einen besseren Einblick in die Grundbedürfnisse der Fabrikarbeiter sowie deren Spar- und Ausgabenmuster zu verschaffen. Wir haben die Ergebnisse mit Wissenschaftlern und verschiedenen gesellschaftlichen Interessensgruppen, darunter Nicht-Regierungsorganisationen und lokale Gewerkschaften diskutiert und daraus entsprechende Schlussfolgerungen gezogen, die wir im Rahmen unseres Programms an unsere strategischen Geschäftspartner adressieren.
 
Demnach sollen unsere Geschäftspartner eine Vergütungsstruktur schaffen, die

  • Transparent ist und die Arbeitnehmer direkt einbezieht, d.h. im Idealfall auf Verhandlungen oder Tarifverhandlungen basiert.
  • Durch Arbeitnehmer erzielte Produktivitätssteigerungen anerkennt und belohnt.
  • Alle gesetzlich vorgeschriebenen Sozialleistungen umfasst.
  • Ein den örtlichen Mindestlohn übersteigendes Grundgehalt vorsieht.
  • Statistiken zu den allgemeinen Lebenshaltungskosten und dem Arbeitnehmerbedarf berücksichtigt.
  • Teil eines breiter gefassten und wesentlich verbesserten Personalmanagementsystems ist.
  • Die Bildung von Arbeitnehmerkooperativen fördert und unterstützt, soweit dies sinnvoll ist.

Uneingeschränkte Gewährung des Rechts auf Vereinigungsfreiheit

Das Recht der Arbeitnehmer, sich zu organisieren und ihre Ansichten der Geschäftsführung vorzutragen, ist einer der Kerngrundsätze unserer "Standards of Engagement", dem Verhaltenskodex unseres Unternehmens. Wir sind der Überzeugung, dass in einer Fabrik mit einer Atmosphäre, die Koalitionsfreiheit und freie Tarifverhandlungen fördert, viele Probleme gelöst werden.
 
Deshalb haben wir Trainingsmaßnahmen zu dem Thema Vereinigungsfreiheit für das Fabrikmanagement, für Vorarbeiter und Arbeitnehmer entwickelt. Die Schulungen werden von Mitgliedern des SEA Teams durchgeführt.
 
Wir werden uns auch zukünftig wirksam darum bemühen, die Arbeiter-Management Kommunikation, die Einhaltung des Rechts auf Vereinigungsfreiheit und die Verifizierung der Einhaltung von Vorschriften zu fördern. Diese Aktivitäten bedeuten auch die Zusammenarbeit mit externen Organisationen und Nicht-Regierungsorganisationen.

Überprüfung der Einhaltung der Arbeitsrechte von einer unabhängigen Instanz, an der die ArbeitnehmerInnen und Gruppen der Zivilgesellschaft institutionell beteiligt sind.

Der Zulieferbetrieb Hugger wurde von einem akkreditieren Prüfer der Fair Labor Association kontrolliert und wird auch zukünftig Gegenstand von Verifizierungsbesuchen durch die FLA sein. Das SEA Team unterhält einen intensiven Kontakt zu lokalen Arbeitsrechts- und Frauenorganisationen, um die Arbeitsbedingungen vor Ort besser zu verstehen. Mit Unterstützung durch eine lokale Nicht-Regierungsorganisation wird es im dritten Quartal 2005 ein Stakeholder-Treffen mit Arbeitnehmern geben.

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